Fünfzig DJs, Musikproduzenten und Musiker aus zehn Städten in Europa und Afrika ergeben musikalische Begegnungen der Extraklasse, auch Ten Cities genannt. Genauer heißt das: Nairobi und Lissabon, Luanda und Neapel, Berlin, Bristol und Johannesburg sowie Kairo, Kiew und Lagos. Dort entstand auf den zwei Kontinenten Afrika und Europa ein musikalisches Konglomerat, das sich zu siebzehn kraftvollen Tracks verbindet. Diese kommen aus den Clubs jener Städte. Dabei verbindet sie das Elektronische ebenso wie das sehr Tanzbare, wobei die Basis afrikanische Einflüsse bilden. Das Projekt wurde innerhalb eines halben Jahres in den Studios zusammengebracht. Unterm Strich lässt Ten Cities nur einen Schluss zu: Experiment gelungen!
kexe anna log: brotlose kunst ist ein in drei Jahren realisiertes Projekt des vielen Osthessen als Kexe bekannten Matthias Söhlke. Auf der selbst produzierten CD finden sich 15
Songs mit insgesamt 53 Minuten. Wie lässt sich das unkonventionelle Werk beschreiben? Liedermacher-Punk-Mix - mal melancholisch, mal agressiv - zuweilen wütende Systemkritik, stets kraftvoll
vorgetragen durch einen ambitionierten Künstler. Dessen Gesang ist spröde. Er bohrt sich in die Gehörgänge, spielt mit Worten, führt aber keinen Seiltanz auf. Bei eher spartanischem
Instrumenteneinsatz klingt das handgemacht. Kexe, der die meisten Instrumente selbst einspielte, brilliert nicht gerade durch Virtuosität. Das macht das Werk authentisch und persönlich. Eine
Reise durch sein Leben, experimentell und politisch. Aus gutem Grund wurde das Projekt durch den Förderverein für Kultur, Ökologie & Kommunikation e.V. unterstützt. Hier ist Kexe seit Jahren
aktiv. Im 12-seitigen Booklet finden sich die Texte und zahlreiche gelungene Fotos, die er selbst aufgenommen hat - analog.
Die im Mambosound Studio in Eichenzell produzierte CD ist für 9,75 Euro über www.amoebenklang.de erhältlich.
Pop und Erwachsenwerden sind in und mit Sasha eine Symbiose eingegangen. Nun startet der smarte Sänger mit seinem sechsten Studioalbum durch. The One heißt das gute Stück, das am
5. Dezember erscheint. Was hinter dem Titel steckt, verrät Sasha der eigentlich Sascha Schmitz heißt, unaufgeregt, wenn er feststellt: „Da ich endlich über 40 bin, kann ich nun ehrlich und
ernsthaft über das größte und kitschigste und schönste Gefühl der Welt singen: die Liebe. Jetzt habe ich die Eier dazu.“
Den Rockabilly hat er kurzerhand an den Nagel gehängt, um sich fortan also einem der ganz großen, wenn nicht dem größten Thema zu widmen – der Liebe, vorzugsweise in ihrer großen, ewigen
Form.
Auf The One kommt dieses Vorhaben sowohl routiniert als auch ausgewogen rüber. „Dieses Album ist das wichtigste meiner Karriere, weil ich endlich da angekommen bin, wo ich immer
hin wollte und von hier aus soll‘s weitergehen. Auf diesem Album kommt alles an Songs, Sounds und Styles zusammen, was ich mag. Ob man das nun gut findet oder nicht, aber das bin ich“, erklärt
der 42-Jährige selbstbewusst. Dennoch erwartet Sasha mit Spannung die Reaktionen auf sein Album. Eine ist: In einen poppigen Weihnachtsmannstiefel passt The One garantiert
hinein.
Der New Yorker Sänger und Songwriter José James fühlt sich hörbar in etlichen Stilen beheimatet. Sein aktuelles zweites Blue Note-Album ergänzt seine Variabilität um rockig klingende Nummern.
„Anywhere U Go” und „Every Little Thing“ stammen aus diesem Spektrum. Rockig, charmant schnoddrig und eingängig cool kommen sie daher.
José James selbst sagt über „While We Were Sleeping”: „Dieses Album bietet eine Synthese von allem, was ich an Musik liebe.” Um dem Rechnung zu tragen, erweiterte der Sänger seine exzellente
Band, die mit Keyboarder Kris Bowers, Bassist Solomon Dorsey und Schlagzeuger Richard Spaven besetzt ist, um den Gitarristen Brad Allen Williams. Als Gäste gewann er außerdem die Sängerin Becca
Stevens, die den von ihr geschriebenen Song „Dragons” im Duett mit José präsentiert, und den Trompeter Takuya Kuroda, der im Al Green-Klassiker „Simply Beautiful” zu hören ist.
Besonders geliebt werden kann der Opener „Angel“. Eine spitze Gitarre paart sich mit einem Rhythm’n’Blues-Refrain, der garantiert Lust auf das komplette Album macht.
Am 22. August erscheint von Jennifer Yaa Akoto Kieck alias Y’akoto „Moody Blues“. Eins sei vorab versprochen: Das Warten auf das zweite Album der talentierten Sängerin lohnt sich.
Sollen Vergleiche her-halten, um Y’akotos Stimme und Musik zu skizzieren, reichen diese von Amy Winehouse über Nneka bis sie bei Erykah Badu landen. Ähnlich verhält es sich mit „Moody Blues“, auf
dem die Tracks changieren. Da wäre ruhiger folkiger Pop von „Come Down to the River“, eine ernsthafte Auseinandersetzung mit Suizidabsichten. Eine kräftige Ballade wie „Forget“ ist ebenso
vertreten wie die markige Nummer „Save You“.
„Moody Blues“ ist ein starkes Album: bunt, einfallsreich, dennoch aus dem Schmerz geboren.
Die seit 1994 währende Bandgeschichte der Guano Apes gleicht einer Bahn- und Talfahrt. Stress untereinander, Trennung, Wiedervereinigung und dazwischen immer Musik.
Mittlerweile blicken die vier auf ebenfalls vier Millionen verkaufte Platten, drei Echos und einen MTV Europe Music Award.
Zum Titel ihres aktuellen Albums „Offline“ mit einem zuckersüßen Artwork sagt Frontfrau Sandra Nasić: „Wir sind natürlich nicht blind und taub für das, was um uns herum vorgeht. Es herrscht
Informations-Overkill. Man weiß gar nicht mehr, was man zuerst verarbeiten soll – alles wird in Frage gestellt, keiner traut dem anderen mehr. Vielleicht sollten wir mal ein paar Schrit-
te Abstand nehmen und uns auf die wichtigen Dinge im Leben rückbesinnen. Es mag kitschig klingen, aber Musik hat auch eine gewisse Reinheit und Wahrheit: Entweder sie berührt und gefällt – oder
eben nicht.“
Was „Offline“ anbelangt, geht die Tendenz Richtung Berührung. Das Album ist kraftvoll und eingängig, auch wenn Innovation und Experimentierfreudigkeit keine hervorgehobene Rolle spielen. Der
Opener „Like Somebody“ ist ein Kracher. Die erste Single-Auskopplung „Close to the sun“ hingegen kommt doch allzu sehr für die Gehörgänge der Massen produziert daher.
Über sein neues Album „The Beautiful Moment“ sagt Andrew Roachford, dass er wenig Lust dazu hatte, schnelle Nummern dafür
zu komponieren. So entstanden elf Tracks, die den 48-Jährigen Soul-Sänger von einer sehr ruhigen Seite präsentieren. Diese Balladensammlung lebt selbstsprechend von seiner prägnanten Stimme,
vordergründig unterstützt durch Gitarre und Keyboards.
Das Pathos steht Pate vom ersten bis letzten Track. Roachford verhehlt nicht, dass die Lieblingsstücke seiner großen Helden
Stevie Wonder und Marvin Gaye fast nur Balladen sind.
Wer also die angerockte Seite Roachfords mag, muss auf „The Beautiful Moment“ suchen. Ja, sie ist auch auf diesem Album
hörbar, aber eben sehr leise wie in dem Stück „Overcome“. Andrew Roachford sagt dazu: „Ich verändere mich stilistisch jedes Mal noch mehr, werde mutiger, vertraue auf meine Instinkte. Je mehr ich
in mir selbst ruhe, desto besser kann ich meine Identität nach außen tragen.“
„Ich glaube es ist gut, ein bisschen Nervosität zu empfinden, wenn es um die Qualität der Musik geht, die man schreibt“,
erklärt Skin, Front-Frau von Skunk Anansie. Einen aktuellen Bezug zu ihrer Aussage stellt das sechste Studio-Album Black Traffic her. Auf dem präsentiert sich das englische Quartett nicht nur
aber durchaus aufgerieben, getrieben, was der Opener „I Will Break You“ einläutet oder womit der vorletzte Song „Sticky Fingers In Your Honey“ fast verabschiedet. Das ist eine Facette, die Skunk
Anansie ausmacht. Ferner bietet das Album, das am 14. September veröffentlicht wurde, Balladen wie „I Hope You Get To Meet Your Hero“. Dieser Track beweist Skins Vermögen mit ihrer Stimme
Weichheit und Zerbrechlichkeit zu verströmen, auch wenn der Track selbst keinen „Hedonism“-Status erreichen kann.
„I Believed In You“ oder auch das ruhigere „Our Summer Kills The Sun“ verdeutlichen eine weitere Seite der Band:
Alternative Rock mit einer gehörigen Prise Pop, die vor allem durch einen eingängigen Power-Refrain erzeugt wird. Oder da wäre „Drowning“, das mit einem Streicher-Einsatz Dramatik erzeugt, wie er
von Skunk Anansie immer wieder mal effektvoll eingesetzt wird.
Black Traffic, betitelt nach den dunklen Kanälen, die die Welt umspannen, entstand als experimenteller Prozess, der 18
Monate währte und technischen Möglichkeiten großen Raum gab. „Das Hauptanliegen war, dass die Musik lebendig bleibt und keine einzige Gefühlsregung oder Empfindung verloren geht – und trotzdem
mit unseren Ideen total durchzudrehen“, resümiert Skin.
Dieses Gesamtpaket bietet unterm Strich Variation, Power und Skins stimmliche Hingabe.
Der Londoner Jah Wobble, der nach einer netten Geschichte seinen Künstlernamen von seinem engen Freund Sid Vicious betrunken ins Ohr genuschelt bekam, kehrt mit Inspiration (VÖ 30.5.2014) zu seiner großen Liebe, dem Reggae zurück. Das ehemalige PiL-Mitglied, das mit solch illustren Leuten wie Sinéad O’Connor, Bill Laswell und Peter Gabriel zusammenarbeitete, lässt sich auf seiner Back to the Roots-Reise von der Ausnahme-Sängerin und Songwriterin PJ Higgins begleiten. Den Reggae gibt es allerdings erst mit voller Bandbreite mit der dritten Nummer - „King of Illusion“ - in den Gehörgang gepustet. Das dann aber genauso, wie es für das gesamte Album gilt: unaufgeregt, zurückhaltend, geschmeidig samt dubbigen Bass.
Mit Smoke City und Zeep konnten sich Chris Franck und Patrick Forge in so manches Ohr spielen. Mit ihrer Band Da Lata
wagten sie sich ab 2010 auf einen Kurs, dem seit Mitte Oktober gefolgt werden kann. „Fabiola“ heißt das Album, welches das erste Album in zehn Jahren ist.
Eine mitschwingende Live-Atmosphäre, die deut-lich die Handschrift von Fracks und Forges trägt, wird von einer
beeindruckenden Schar an Gast-Musikern unterstützt. Mayra Andrade singt „Unknown“ herrlich unaufgeregt, fast lakonisch, was von brasilianischen Beats kompromittiert wird.
Neben dem starken südamerikanischen Einschlag bedient zum Beispiel Diabel Rollins einen afrikanischen. Somit erweist sich
„Fabiola“ mit seinen zehn prallen Tracks als wunderbare Sammlung, die sowohl zwischen den Kontinenten als auch zwischen Soul, Folk und Dub bewegt.