Der Unterschied zwischen den Geschlechtern wird nicht nur körperlich festgestellt. Die deutsche Sprache hält
allerdings keine begriffliche Unterscheidung für das körperliche und soziale Geschlecht parat.
Die Frauenforschung behalf sich daher bereits vor Jahrzehnten mit der englischen Sprache. In dieser wird zwischen
„sex“, das sich auf das physische Geschlecht bezieht, und „gender“, das soziale und kulturelle Eigenschaften meint, unterschieden.
Dabei zeigten Arbeiten aus der sogenannten Genderforschung, dass die Unterscheidung zwischen „sex“ und „gender“
nicht immer sinnvoll ist. Denn auch die Wahrnehmung von Körpern wird durch gesellschaftliche Prozesse beeinflusst.
So analysierte 1992 Thomas Laquer* die „Inszenierung der Geschlechter“, indem er sagt: „Sowohl in der Welt, die das
leibliche Geschlecht als ein einziges versteht, als auch in der, die von zwei Geschlechtern ausgeht, ist Geschlecht eine Sache der Umstände, erklärbar wird es erst im Kontext der
Auseinandersetzung über Geschlechtsrollen (gender) und Macht.“
Spätestens direkt nach der Geburt wird ein Mensch einem Geschlecht zugeordnet. Nicht selten erfahren Eltern heute
während der Schwangerschaft, ob sie einen Sohn oder eine Tochter erwarten.
Während die Kategorien des Genders komplex und soziokulturell abhängig sind, sind ebenso die natürlichen
Unterschiede des Geschlechts keineswegs einfach zu greifen.
Mindestens fünf verschiedene Kriterien dienen einer naturwissenschaftlichen Betrachtung, um körperlich ein
Geschlecht zu bestimmen**:
1. Das Chromosomengeschlecht bestimmt sich nach der Geninformation im Erbgut.
2. Durch die Geninformationen der Geschlechtshormone unterscheiden sich die Keimdrüsen zu Eierstöcken oder
Hoden.
3. Das morphologische Geschlecht, also die inneren und äußeren Geschlechtsorgane, sowie der geschlechtstypische
Körperbau werden insbesondere durch Hormone gebildet.
4. Das Hormongeschlecht definiert sich durch die unterschiedlichen Konzentrationen der
Geschlechtshormone.
5. Es gibt geschlechtstypische Besonderheiten im Gehirn, die die Ausschüttung von Sexualhormonen steuern.
Anhand dieser fünf Kriterien wird deutlich, dass neben den Gender-(Aus-)Wirkungen der Geschlechter insbesondere das morphologische Geschlecht in der alltäglichen Unterscheidung hervortritt. Eine streng biologische Geschlechtsdefinition wäre auch wohl zu vage, für ein zweigeschlechtliches System und Denken, die unsere Kultur dominieren.
Stefanie Schadt
Quellen:
* Thomas Laquer (1992): „Auf den Leib geschrieben. Die Inszenierung der
Geschlechter von der Antike bis Freud“
** Ursula Streckeisen (1991): „Statusübergänge im weiblichen Lebenslauf: Über Beruf, Familie und Macht in der
Ehe“